Menschen flüchten nicht nur vor Krieg und Terror, sondern auch vor Hunger und Armut, auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Den Bogen von Fluchtursachen über die Globalisierung zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA spannte der Bundestagsabgeordnete und Experte für Welthandel Dr. Sascha Raabe auf Einladung der SPD in seiner Heimatgemeinde Rodenbach. „Es sind sehr komplexe Zusammenhänge. Eins ist aber sicher: Fluchtursachen können wir am besten vor Ort bekämpfen“, erklärte Raabe vor rund 50 Gästen im kleinen Saal der Rodenbachhalle.

Entwicklungszusammenarbeit sei keine Feuerwehr. Dafür sei die humanitäre Hilfe da. Es gehe darum, Bildungssysteme und Infrastruktur in den Entwicklungsländern mittel- bis langfristig zu verbessern. Raabe hatte sein Amt als entwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion 2013 aus Protest darüber aufgegeben, dass der Etat für Entwicklungszusammenarbeit nicht ausreichend aufgestockt wurde. Seitdem hatte er immer wieder für eine Erhöhung der Mittel gekämpft. Die Zusage dafür erfolgte dann im Frühjahr letzten Jahres – leider zu spät, um die Flüchtlingswelle noch aufzuhalten: „Ich wäre froh, wenn ich nicht Recht behalten hätte. Aber mir war schon vor Jahren klar, dass wir angesichts von einer Milliarde Menschen auf der Erde, die in Hunger und extremer Armut leben, viel mehr Anstrengungen unternehmen müssen. Auf unserem Nachbarkontinent Afrika ist bittere Armut weit verbreitet. Wir müssen dort vor Ort helfen, sonst kommen die Menschen verständlicherweise zu uns.“
Hunger und Armut könnten überwunden werden, wenn neben nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit auch faire Handelsbedingungen geschaffen werden. Deshalb habe Flucht auch etwas mit der Globalisierung zu tun, mit der Weltwirtschaft und Finanzströmen. Billiges Milchpulver aus Europa vernichtet beispielsweise die Existenzgrundlage für die örtlichen Milchbauern in afrikanischen Ländern. Die Not werde immer größer, während die Bevölkerung parallel rapide anwächst. „Auch unser eigenes Einkaufsverhalten spielt eine Rolle“, sagte Raabe. Wenn hunderttausende Kinder in Westafrika auf Kakaoplantagen schuften müssten, um günstige Schokolade in deutschen Supermärkten zu ermöglichen, könnten sie keine gute Bildung als Grundlage für eine berufliche Zukunft erlangen.
„Deshalb müssen wir in Handelsabkommen darauf bestehen, dass nur Produkte gehandelt werden dürfen, bei deren Herstellung ökologische und soziale Mindeststandards, wie das Verbot von Kinderarbeit und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten gewährleistet werden. Auch bei TTIP müssen wir dies verbindlich einfordern, weil es Standards für weitere Abkommen beispielsweise mit Indien und Vietnam setzt“, schloss der SPD-Politiker den Bogen. Es gehe um eine Globalisierung im Sinne der Menschen und nicht darum, die Macht der Konzerne zu verewigen. Wenn sich die USA und die EU nicht auf die Einhaltung hoher Standards beim Schutz von Arbeitern und Umwelt einigen können, könne man dieses Ziel auch nicht bei Abkommen mit weniger entwickelten Ländern einfordern. Der Wettbewerb, dass die Produktion dorthin wandert, wo Standards für Beschäftigung und Umwelt am niedrigsten sind, müsse ein Ende haben, erklärte Raabe: „Am Ende müssen alle Menschen von ihrer Hände Arbeit leben können – weltweit.“

Raabe, von Rodenbachs Bürgermeister Klaus Schejna und dem SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Ralf Betz als „ausgesprochener Fachmann“ begrüßt, erneuerte seine Position, dass es von ihm keine Zustimmung zu TTIP gegeben werde, solange die acht sogenannten ILO-Kernarbeitsnormen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte nicht als Mindeststandards in das Papier aufgenommen würden und auf außerstaatliche Schiedsgerichte bei den Investitionsschutzregeln verzichtet werde.
SPD-Ortsvereinsvorsitzender Ralf Betz appellierte zu Beginn der Veranstaltung an alle Versammlungsteilnehmer sich aktiv am Kommunalwahlkampf zu beteiligen und die Kandidaten am 6. März 2016 zu unterstützen. „Kommunal ist nicht egal!“ und deshalb sei es wichtig, dass die Rodenbacher Bürger zur Wahl gingen und der SPD-Fraktion ihr Vertrauen aussprechen.
Bürgermeister Klaus Schejna hob die Bedeutung der Kommunalwahl hervor und wies aus den besonderen Zusammenhang der Wahl der Gemeindevertreter in Rodenbach und der Mitglieder für den Kreistag Main-Kinzig hin. Bisher sei Rodenbach durch Helmut Schwindt und ihn, in der herausgehobenen Funktion als Fraktionsvorsitzenden, bestens vertreten. Schejna ging in seiner kurzen Ansprache auf die Leistungen in der vergangenen Wahlperiode ein: Verbesserung der Kommunikationsverbindungen, Modernisierungen in den Schulen und Bildungseinrichtungen, Erweiterungen bei der Gemeindebücherei (MedienTreff) und Anpassungen bei den Kindertagesstätten.