Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Der Entwurf der Haushaltsatzung und des Haushaltplanes, der uns vom Gemeindevorstand zur Entscheidung vorgelegt wurde, ist zwar sehr umfangreich, aber ein politischer Gestaltungsspielraum, wie er uns nach den Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung zustehen würde, ist so gut wie nicht vorhanden.
Der Haushalt hat ein Gesamtvolumen von rd. 20 Mio. Euro (Brutto). Das klingt nach so viel Geld, dass es schwer fällt zu glauben, dass ein Augleich bei dieser Summe nicht erreicht werden kann.
Aber vergleichen wir mal diesen Haushalt mit dem einer Durchschnittsfamilie. Ein durchschnittliches Familieneinkommen (2 Einkommensbezieher) beläuft sich auf die Summe X (Brutto). Davon werden schon mal im Vorfeld eine nicht unbeträchtliche Summe an Steuern, Sozialabgaben usw. einbehalten. Von diesem restlichen Familieneinkommen gehen noch Miete, Beiträge für Versicherungen, Abgaben an Gemeinde usw. ab, so dass von einem stolzen Bruttoeinkommen schon nicht mehr viel Netto übrig bleibt.
Darüber hinaus gibt es noch freiwillige Verpflichtungen, die eine Familie eingegangen ist, die man zwar streichen könnte, aber für ein Familienleben halt notwendig sind. Das sind Vereinsbeiträge, Ausgaben für kulturelle Veranstaltungen, Kindergartenbeiträge usw. Schaut man sich dann an, was noch übrig bleibt und vergleicht es mit diesem Bruttoeinkommen, dann ist der verbleibende Spielraum für Ansparungen und kleinere Ausgaben, mit dem die Familie sich was gönnen könnte, schon recht gering.
Unerwartete Ereignisse wie defekte Waschmaschine, Anhebung von Kindergartenbeiträgen und sonstige Gebühren usw. können diese Familie dann schon vor ernste Probleme stellen und ihr die Tränen in die Augen treiben.
Eine Verbesserung der Einnahmesituation unserer Beispielfamilie ist fast unmöglich und scheitert in der Regel daran, dass der Arbeitgeber (der Geldgeber) entweder nicht will oder kann, oder auch die Interessenvertreter des Arbeitnehmers zu wenig durchsetzen konnten, um eine auskömmliches Einkommen zu sichern.
Und genau diese auf den Familienhaushalt beschriebene Situation trifft auch auf den Haushalt der Gemeinde zu. Wir sind aber schon einen Schritt weiter als unsere Beispielfamilie. Wir sind nämlich schon dort angelangt, wo die Ausgaben (Steuern, Abgaben und Ausgaben für zusätzliche Angebote) über den Einnahmen liegen. Wir haben demnach keinen Spielraum mehr, um uns, also den Bürgern Rodenbachs, etwas gönnen zu können. Ansparungen, also Zuführungen zu Rücklagen sind nicht mehr möglich.
Dabei haben wir, genau wie die Beispielfamilie, in besseren Zeiten etwas für schlechtere Zeiten zurückgelegt und im Übrigen bescheiden gelebt. Das war, solange ich zurückblicken kann, immer vorrangiges Ziel der SPD-Fraktion im Gemeindeparlament und das ist auch unser zukünftiges Bestreben.
Werfen wir einmal einen Blick auf unseren Haushalt, auf die Einnahmeseite und gehen auf der Ausgabenseite Bereiche an, in denen wir kürzen könnten, es aber unseren Bürgern nicht zumuten wollen.
Zunächst einmal bleibt festzustellen, dass wir keinen freien finanziellen Spielraum mehr haben, sondern wir von dem leben, was wir für schlechte Zeiten angespart haben.
Schauen wir nun auf die Einnahmeseite. Hier müssen wir zum einen mit dem zurechtkommen, was uns das Land Hessen zur Verfügung stellt und zum anderen mit dem, was wir unseren Bürgern und in Rodenbach ansässigen Betrieben abnehmen. Nach unserer Auffassung ist aber hier das Maximum dessen, was an Belastung zumutbar ist, schon längst erreicht. Neue Einnahmequellen zu erschließen hat zur Folge, dass wir die Bürger weiter belasten. Auch unsere Beispielfamilie.
Hierbei unterstützt uns das Land Hessen mit genauen Vorgaben, wie es uns gelingt, Einnahmeausfälle, die dadurch entstanden sind, dass es den Gemeinden vor Jahren Geld aus dem KFA abgenommen hat, auszugleichen.
Wir und alle anderen Gemeinden, die keinen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können (was übrigens auf die meisten Hessischen Gemeinden zutrifft), müssen die Grundsteuer auf 10 % über dem Durchschnittssteuersatz aller hessischen Gemeinden anheben. Das mussten wir schon im letzten Jahr, das haben wir auch in diesem Jahr wieder mit der vorherigen Vorlage beschlossen und es wird bei dieser Systematik auch in den kommenden Jahren der Fall sein. Dies trifft die eingangs erwähnte Beispielfamilie natürlich unerwartet.
Daneben hat sich das Land Hessen mit der Neuordnung des KFA einige Regelungen einfallen lassen, die sich nicht positiv auf die Einnahmesituation unserer Gemeinde auswirken. Hierauf ist der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede und in anderen Berichten sehr ausführlich eingegangen. Das muss ich jetzt nicht wiederholen.
Unbestritten hat die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs, die gerichtlich erstritten werden musste, nicht nur Verlierer. Wenn man in der Zeitung liest, dass die Stadt Hanau eine schwarze Null anstrebt, dann sieht man, wo die Gewinner sind. Wir streben schon seit Jahren eine 0 an, also ein ausgeglichener Haushalt, dabei ist es uns völlig egal ob die Null rot oder schwarz ist, es wird uns aber bei diesen Vorzeichen in naher Zukunft nicht gelingen.
Nun zu den Ausgaben, und zwar zu den Produkten, bei denen man Kosten einsparen könnte, was wir aber aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht wollen.
Dazu gehört der große Bereich der Kinderbetreuung. Unser Angebot für die Betreuung von unter 3-Jährigen, das Kindergartenangebot mit seinen flexiblen Öffnungszeiten und das Hortangebot der Gemeinde verträgt keine Kürzungen.
Eine Streichung der Hortplätze oder eine Reduzierung der Kindergartenöffnungszeiten auf die Kernzeiten bis 12:00 Uhr würde diesen Produktbereich in unserem Haushalt erheblich entlasten aber die Beispielfamilie, je nach dem wie sich die familiäre Situation darstellt, ganz erheblich treffen.
Das Thema Bücherei lag für uns der SPD-Fraktion ebenfalls schon immer sehr am Herzen und wird für uns auch in den kommenden Jahren ein wichtiges Thema bleiben. Das vielfältige Angebot der Bücherei, das wir unseren Bürgern unterbreiten, verträgt keinerlei Einschränkungen und muss im vertretbaren Rahmen noch weiter ausgebaut werden.
Bildung und ein entsprechendes Angebot der Gemeinde für alle ist uns sehr wichtig. Auch bei diesem Angebot ist Flexibilität erforderlich. Es ist notwendig, den Medienbestand veränderten Situationen anzupassen. Deshalb haben wir zu den Haushaltsberatungen zu diesem Thema einen Antrag gestellt. Er ist zwar nicht mit Mehrkosten verbunden, beinhaltet aber eine Verpflichtung an den Gemeindevorstand, in dieser beantragten Richtung tätig zu werden.
Mit der Bücherei und der Kinderbetreuung habe ich beispielhaft 2 Produktbereiche erwähnt und geschildert, warum hier keine Einsparungen zu machen sind.
Wenn es sich bei unserer Beispielfamilie um ein Rentnerehepaar handelt, dann könnte es sicherlich einwenden, das betrifft uns ja alles nicht, wir haben keine Kinder mehr, die die Einrichtungen besuchen, lesen müssen wir auch nicht mehr, wir haben ja ein Fernsehgerät, also haben wir damit auch kein Problem wenn in diesen Bereichen gestrichen wird.
Wir Gemeindevertreter vertreten aber nicht nur das Rentnerehepaar, sondern alle Rodenbacher Familien und Bürger. Wenn wir den Haushaltsplan und seine Produkte im einzelnen durchgehen, was wir während unserer Klausurtagung sehr ausführlich getan haben, werden wir feststellen, dass der Haushalt für alle Rodenbacher Bürger Angebote enthält und jede einzelne Position für sich für den jeweiligen Bürger wichtig ist.
Ich nenne beispielhaft die Förderung der Vereine, die Jugend- und Seniorenarbeit, die Unterstützung kultureller Veranstaltungen, auch das Strandbad usw.
Unsere Beispielfamilie wird plötzlich und unerwartet vor neue Herausforderungen gestellt. Trotz knapper Kasse kündigt sich Nachwuchs an, eine neue Wohnung muss her und es müssen darüber hinaus noch Anschaffungen gemacht werden, die nach deren Sicht unbedingt erforderlich sind, aber nicht aus den lfd. Einnahmen bestritten werden können.
Jetzt gibt es nur 2 Möglichkeiten: entweder warten bis die notwendige Summe mühsam angespart wurde, oder die Anschaffung mit Kreditmitteln zu finanzieren.
Vor der gleichen Situation steht auch unsere Gemeinde.
Die Einwohnerzahl steigt leicht an, und wird durch den Zuzug von Flüchtlingen in den nächsten Monaten weiterhin stärker zunehmen. Dies bedeutet für Rodenbach, dass mehr für Normalfamilien bezahlbarerer Wohnraum angeboten werden muss. Bei steigender Kinderzahl ist es erforderlich, auch über eine Erweiterung des Kinderbetreuungsangebotes vorsorgend nachzudenken, was bei der jetzigen Haushaltsituation in dieser Größenordnung nur über eine Finanzierung mit Krediten möglich ist.
Der Ansatz im Haushalt, einen Kredit von über 2 Mio. Euro aufzunehmen, um auf gemeindeeigenen Grundstücken bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wird zwar den Wohnraumbedarf nicht annähernd abdecken, geht aber mit der Fortsetzung der Planung des Neubaugebietes in der Adolf-Reichwein-Straße in die richtige Richtung und ist nach unserer Einschätzung nicht verzichtbar oder aufschiebbar.
Obwohl wir uns der knappen Mittel und eines bis auf die letzte Einsparungsmöglichkeit geprüften Haushalts bewusst sind, haben wir einen weiteren Antrag gestellt, der mit Mehrausgaben verbunden sein wird. Aus diesem Grunde wird er auch nur über einen Kredit zu verwirklichen sein.
Rodenbach verfügt über einige gemeindliche Einrichtungen die von vielen Bürgern besucht werden. Der Antrag, den ich jetzt vorstellen werde kann Leben retten und darf deshalb aus unserer Sicht nicht solange aufgeschoben werden, bis es die Haushaltsituation zulässt.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, gibt es zwischen einem privaten und einem gemeindlichen Haushalt eigentlich keinen großen Unterschied.
Bleibt für die Beispielfamilie und uns als Gemeinde nur zu hoffen, dass sich die Situation bald bessern wird und die von den Medien immer wieder erwähnten und vom Land vereinnahmten sprudelnden Steuereinnahmen irgendwann auch einmal bei uns ankommen, damit wir auch der Beispielfamilie durch fallende Abgaben oder ein noch besseres gemeindliches Angebot das Leben leichter machen können.
Wenn das Land Hessen auch zukünftig nicht bereit ist, dafür zu sorgen, dass den Gemeinden genügend Mittel zur Verfügung gestellt werden, um kommunale Selbstverwaltung verwirklichen zu können, dann bleibt den Gemeinden nur noch übrig den Rechtsweg zu beschreiten. Einer Vorlage, die diese Möglichkeit prüfen soll, haben wir bereits beschlossen und sichern dem Gemeindevorstand auf diesem Weg die politische Unterstützung uneingeschränkt zu.
Wir, die SPD Fraktion, werden den Haushalt, so wie er uns vorgelegt wurde und mit den Änderungen, die sich während der Beratungen ergeben haben, beschließen und wir bitten die beiden anderen Fraktionen uns diesem Votum anzuschließen.
Zum Abschluss geht unser Dank an den Gemeindevorstand und die Mitarbeiter der Gemeinde, die uns bei unserer Aufgabe jederzeit und wenn es nötig war, mit Rat und Tat zur Seite standen und uns auf diese Art und Weise das Leben als Gemeindevertreter so leicht wie möglich gemacht haben.
Dafür recht herzlichen Dank.
Norbert Link
Fraktionsvorsitzender